Die neue MDR (MedicalDevice Regulation): Das gilt es zu beachten!
Mit einer durch die Corona-Pandemie bedingten Verzögerung trat die Medical Device Regulation mit 26. Mai 2021 offiziell europaweit in Kraft. Durch die neue EU-Verordnung ändert sich einiges für Hersteller, Inverkehrbringer und Händler von Medizinprodukten. Wir möchten die wichtigsten Fakten, Änderungen und Anforderungen für alle betroffenen Betriebe übersichtlich zusammenfassen.
Was ist die MDR?
Die Medical Device Regulation (deutsch: Medizinproduktverordnung) behandelt die Herstellung und den Verkauf von Medizinprodukten sowie aktiv implantierbaren Medizinprodukte und löst die bisher geltenden Medizinprodukterichtlinien RL 93/42 EWG und RL 90/385/EWG ab. Gesetzlich in Kraft getreten ist die MDR bereits am 25. Mai 2017. Die mehrjährige Übergangsfrist – in deren Zeitraum die alten und neuen Richtlinien gleichzeitig gültig waren – wurde aufgrund der weltweiten Corona-Krise jedoch verlängert. Diese Übergangsfrist ist seit dem 26. Mai 2021 endgültig vorbei.
Im Mittelpunkt der Medical Device Regulation steht der bessere Schutz von Patienten. Das Gesetz verschärft die Bedingungen und Standards für die Herstellung von Medizinprodukten sowie deren Import und Einführung auf dem Markt. Für Händler sieht die MDR ebenfalls mehr Verantwortung vor. So müssen diese etwa jedes verkaufte Medizinprodukt lückenlos verfolgen können, um beispielsweise im Falle einer Rückrufaktion jeden Käufer zu kontaktieren.
Wen betrifft die MDR Medical Device Regulation 2021?
Hersteller und Importeure sind die Hauptzielgruppe der neuen EU-Verordnung zu Medizinprodukten. Durch die neue MDR haben sich aber auch die Anforderungen an Händler stark erhöht. Der Händler wird zur letzten Prüfinstanz, bevor ein medizinisches Produkt zum Kunden kommt. Er muss etwa prüfen, ob das jeweilige Produkt eine CE-Kennzeichnung trägt, ob eine gültige Konformitätserklärung vorliegt und ob alle Kontaktdaten des Importeurs oder Zwischenhändlers bekannt sind. Der Händler ist ab sofort darüber hinaus ein aktiver Teil der Post-Market Surveillance. Beschwerden über ein Produkt müssen gesammelt und an den Hersteller weitergeleitet werden.
Was sind die wesentlichen Änderungen durch die MDR?
Erweiterung der Definition Medizinprodukt: Unter die neuen MDR Richtlinien fallen deutlich mehr Produkte und Produktgruppen als bisher. Dazu gehören etwa farbige Kontaktlinsen für rein ästhetische Zwecke. Durch die Ausweitung der Definition sollen die Qualitäts- und Sicherheitsstandards bei medizinnahen Lifestyle-Produkten erhöht werden.
Verantwortliche Personen: Laut Artikel 15 der MDR muss jeder Hersteller von Medizinprodukten eine Person im Unternehmen benennen, die für die Einhaltung der Regulierungsvorschriften verantwortlich ist. Diese Person übernimmt die bisherige Rolle des sogenannten Sicherheitsbeauftragten. Die Anforderungen an diese Aufgabe steigen mit der neuen Medical Device Regulation deutlich. War der Posten bisher eine eher beobachtende Rolle, müssen nun aktiv Informationen gesammelt und Berichte vorgelegt werden. Dazu gehört unter anderem der Nachweis für die klinische Eignung des eigenen Produktes. Mit den gesteigerten Anforderungen steigen auch die geforderten Qualifikationen. Neben einem Hochschulabschluss in Medizin, Pharmazie, Recht oder Ingenieurwesen muss die verantwortliche Person laut MDR über mindestens vier Jahre Berufserfahrung im Bereich Medizinprodukte verfügen. Um die Aufgabenlast zu verteilen, darf ein Unternehmen mehrere Mitarbeiter für den Posten der verantwortlichen Person benennen. Kleine Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitern und weniger als 10 Millionen Euro Umsatz dürfen zudem einen externen Verantwortlichen engagieren.
Klinische Bewertung: Damit ein neues Medizinprodukt zertifiziert werden kann, werden ab sofort laut MDR in jedem Fall klinische Bewertungen zu Leistung, Wirkung und Sicherheit des Produktes benötigt. Bei vielen Prüfungen ist zusätzlich eine klinische Studie notwendig. Bisher durften nach dem Äquivalenzprinzip die klinischen Bewertungen und Studien vergleichbarer Produkte herangezogen werden. Das ist unter der neuen Medical Device Regulation nicht mehr der Fall. Die Äquivalenzbetrachtung wird erschwert und die Bezugnahme auf Rohdaten der Mitbewerber ist nur mehr mit deren Zustimmung erlaubt. Für Klasse-III-Produkte und Implantate ist ab sofort immer eine klinische Prüfung vorgesehen. Die neuen Richtlinien sollen mehr Sicherheit garantieren, erhöhen aber auch maßgeblich den Aufwand für Hersteller. Nach dem Inverkehrbringen muss weiters eine klinische Post-Market Surveillance durchgeführt werden. Dieser Begriff bezeichnet die klinische Überwachung nach der Produkteinführung.
Höherklassifizierung bestimmter Medizinprodukte: Unter der neuen Medical Device Regulation werden einige Produktgruppen auf eine höhere Klassifizierungsstufe angehoben. Dazu zählen unter anderem chirurgisch-invasive Instrumente, Produkte mit Nanomaterialien und medizinische Software. Das kann bei bestimmten Produkten ab sofort die Einschaltung einer benannten Stelle erforderlich machen, die eine unabhängige Prüfung und Bewertung durchführt.
Marktüberwachung: Mit dem in Kraft treten der Medical Device Regulation sind Hersteller dazu verpflichtet, ihre eigenen Produkte sowie jene der Konkurrenz regelmäßig zu beobachten. Ein Teil der geforderten Marktüberwachung ist die bereits erwähnte Post-Market Surveillance: Wird das Produkt in der Praxis auch wirklich so verwendet wie vorgesehen? Wie verhält sich das Produkt bei täglichem Gebrauch und ersten Abnutzungserscheinungen? Ist ein bisher unbekanntes Risiko entdeckt worden?
Ergänzt wird die Surveillance durch regelmäßige Literaturrecherche und Beobachtung der Mitbewerber. Tritt etwa bei einem anderen Hersteller eines ähnlichen Produktes aus denselben Materialien ein Problem auf, muss auch das eigene Produkt dahingehend geprüft werden.
Technische Dokumentation: Die auch bisher übliche technische Dokumentation wird mit der MDR um zusätzliche Elemente ergänzt und muss um einiges detaillierter gestaltet werden. Punkte wie Patientenpopulation und Zubehör sind neu, ebenso wie die Pflicht der Einbindung von Fotos zur optimalen Beschreibung des Produktes. Die technische Dokumentation wird darüber hinaus zu einem nicht abgeschlossenen, lebenden Dokument, denn die EU-Kommission behält sich vor, die Anforderungen im Zuge des technischen Fortschrittes jederzeit anpassen zu können.
Unique Device Identification (UDI): Um für eine bessere Transparenz und Rückverfolgbarkeit zu sorgen, muss laut MDR jedes medizinische Produkt eine UDI-Nummer besitzen. Alle Daten zur UDI werden vom Hersteller selbst in die Datenbank EUDAMED eingetragen und müssen bei Bedarf aktualisiert werden. Während die MDR bereits mit dem 26. Mai 2021 voll in Kraft ist, gibt es für die Umstellung auf das UDI System weiterhin eine Übergangsfrist. Je nach Produktklasse endet diese Frist am 26. Mai 2023, am 26. Mai 2025 oder am 26. Mai 2027.
Die Einführung der neuen Medical Device Regulation 2021 stellt viele Unternehmen vor ganz neue Herausforderungen. Die korrekte Umsetzung aller Richtlinien nimmt viel Zeit und Arbeitskraft in Anspruch, was vor allem für kleine Betriebe eine große Belastung darstellt.
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